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Interview mit Kai Stensgaard

geführt von Evgeniya Kavaldzhieva
aus dem Englischen übersetzt von Paul Grathwohl
 
Kai, Du bist ein vielen Musikstilen aufgeschlossener Marimbaspieler. Du spielst Jazz, Latino und klassische Marimbamusik. Außerdem komponierst Du viel für die Marimba. Was bedeutet die Marimba für Dich?
 
Die Marimba ist sehr besonders für mich. Zum ersten Mal sah ich die Marimba als ich mit dem Studium an der Musikhochschule begann. Und damals war die Marimba erst am Anfang einer großen Entwicklung aus dem nichts zu dem großartigen Konzertinstrument, das wir heute kennen. Zu dieser Zeit gab es fast keine Kompositionen und auch die Spieltechnik war sehr wenig entwickelt. Aber ich verliebte mich in den Klang und ich hatte eine Ahnung, dass die Marimba eines Tages ein bedeutendes Instrument werden würde, und auch dass ich meine Ideen über die Möglichkeiten des Instruments verwirklichen und verbreiten könnte.
 
Nachdem ich mein Studium an der Musikhochschule in Dänemark beendet hatte, ebenso Studien mit Karen Ervin an der California State University Northridge in Los Angeles und mit L. H. Stevens, war ich bereit meine Karriere aufzubauen. Ich spielte vor allem neue, zeitgenössische Marimba Solos, aber bald stellte ich fest, dass mit dieser Art Musik nur ein sehr kleines Publikum zu erreichen war. Ich musste ein Programm entwickeln, das für Nicht-Musiker interessanter war. Zu dieser Zeit begann ich klassische Stücke und Musik aus der folkloristischen Tradition zu arrangieren. Ich komponierte mein erste Stück "Spanish Dance", inspiriert von spanischer Flamenco-Musik. Ich spielte außerdem Marimba, Vibraphon, Glocken und chromatisch gestimmte Kuhglocken in einer Rock-Band. Wir waren von Bands wie Santana und Frank Zappa inspiriert. "Spanish Dance" habe ich eigentlich als Solostück komponiert, um in der Rock-Band die Marimba in den Fokus zu stellen. Ich begann auch mit Improvisation, was für mich sehr neu war, da ich es an der Musikhochschule nicht lernte. Heute kann ich nicht verstehen, warum Improvisation nicht Teil davon ist, ein professioneller Musiker zu werden. Tatsächlich hat mich die Improvisation dazu gebracht, mit der Komposition für Marimba zu beginnen. Wenn man Improvisieren übt, fällt einem plötzlich etwas ein, das man mag, und ich begann meine Ideen aufzuschreiben. Heute kann ich Marimbaspielern wärmstens empfehlen, so früh wie möglich mit Improvisation zu beginnen, da sie auch ein breiteres Verständnis für die Elemente der Musik ermöglicht. Mein Ziel war ein Konzertprogramm zusammenzustellen, das die Möglichkeiten der Marimba zeigte und dafür begann ich in verschiedenen Stilen wie Jazz, Latin und Folkmusik zu spielen, zu arrangieren und zu komponieren. Ich reiste zum ersten Mal 1984 nach Guatemala und Mexiko. Ich wollte mich von der traditionellen Musik dieser Gegend inspirieren lassen. Als ein Ergebnis dieser Reise schrieb ich meine erste Sechs-Schlegel Komposition "Two Mayan Dances". Zwei einfache Songs, die einfach mit sechs Schlegeln gespielt werden konnten. Damals dachte ich nicht daran, die Grifftechnik zu entwickeln. Die Stücke funktionierten für mich als Zugaben, die das Publikum sehr mochte.
 
Du spielst und komponierst Marimbamusik für sechs Schlegel. Warum? Denkst Du, dass Spieler und Komponisten mit vier Schlegeln in ihren Ausdrucksmöglichkeiten eingeschränkt sind? Und ist andererseits das Spielen mit sechs Schlegeln flexibel genug?
 
Nachdem ich "Two Mayan Dances" viele Jahre spielte, entschied ich mich die Technik zu entwickeln. Ich fing damit an, weil ich um ein Konzert gebeten wurde, bei dem ich etwas aus einer religiösen Messe spielen würde. Ich versuchte Ideen zu entwickeln, aber fand es unmöglich Musik aus einer Messe zu arrangieren. Fast war ich soweit, das Konzert abzusagen, aber dann erinnerte ich mich an die "Misa Criolla" von A. Ramires. Ich schaute mir das Gloria an, aber der Klang war zu dünn. Ich versuchte es mit sechs Schlegeln und plötzlich funktionierte es sehr gut. Jetzt konnte ich den Bass und Akkorde mit der linken Hand spielen und gleichzeitig eine vollklingende Melodie mit der rechten Hand. Ich spielte das Konzert und konnte fühlen, dass die Musik sehr gut funktionierte. Ich erkannte, dass eine Komposition wie diese nicht ohne sechs Schlegel zu spielen war. Ich begann für sechs Schlegel zu komponieren und außerdem den Sechs-Schlegel Griff und die Spieltechnik auszubauen. Zu dieser Zeit schrieb ich meinen "Salsa Mexicana". Die linke Hand spielt einen klavierartigen Latin Lick und die rechte Hand spielt die Melodie in Oktaven und Terzen. Das erzeugt einen sehr großen Sound und solch eine Komposition ist ebenfalls unmöglich mit nur vier Schlegeln zu spielen. Auch bemerkte ich, dass das Spielen mit sechs Schlegeln in einigen Tonarten sehr gut ist, aber in anderen sehr schwierig. Aber dieses Problem kennen wir auch vom Spielen mit vier Schlegeln. Mein nächster Schritt war ein Stück zu komponieren, das alle Töne benutzte und nicht nur die "Weißen Tasten". Ich schrieb mein Stück "Zita", das den vollen Tonraum nutzt, und jetzt bin ich in der Situation, dass ich bei der Arbeit an einer neuen Komposition sehr viel Sound vermisse, wenn ich nur für vier Schlegel komponiere. Nun, meine Schlussfolgerung ist, dass das Spielen mit sechs Schlegeln mich nicht davon abhalten wird mit vier Schlegeln zu spielen, aber dass es eine neue Dimension im Spielen der Marimba hinzufügt. Die Anzahl Schlegel, die man zum Spielen der Marimba benutzt, hat Einfluss auf die Musik, die man komponiert. Wenn man auf die Marimba-Literatur zurückblickt, kann man leicht sehen, dass das Spielen mit zwei Schlegeln einen besonderen Stil erzeugt, vier Schlegel einen anderen Stil und jetzt beeinflussen sechs Schlegel die Art, wie für Marimba komponiert wird. In meinem Konzert für Marimba und Orchester "Concierto Mexicano" benutze ich 2, 4 und 6 Schlegel. Sechs Schlegel haben Beschränkungen in manchen Tonarten, aber sie geben ebenso viele neue Möglichkeiten, die die Marimba zu einem für die Zuhörer noch interessanteren Instrument machen können. Zusätzlich gibt es den visuellen Effekt, und dieser ist für das Publikum ebenfalls sehr wichtig.
 
Ist das Repertoire für sechs Schlegel groß genug?
 
In meinem Methodenbuch "The Six Mallet Grip" habe ich eine Liste von allen Stücken, die für sechs Schlegel geschrieben sind. Wir haben inzwischen über 100 Kompositionen!! Was genug ist - als ich mit vier Schlegeln zu spielen anfing, hatten wir nur ungefähr 5 Stücke, die für die Marimba komponiert waren! Ich versuche immer die Möglichkeiten für sechs Schlegel weiterzuentwickeln. Im Moment arbeite ich an einem zeitgenössischen Werk, mit einem sehr fortgeschrittenen Einsatz meines Sechs-Schlegel-Griffs. Ich bin sicher, dass in den kommenden Jahren diese Art zu spielen sehr schnell wachsen wird. Unter den jungen Marimbaspielern spüre ich ein großes Interesse und das Spielen mit sechs Schlegeln wird sehr wichtig werden.
 
Du hast Deine eigene sechs Schlegel Methode geschrieben. Kannst Du uns dazu etwas erzählen?
 
Ja, meine Methode "The Six Mallet Grip" erschien im Jahr 2008. In dieser Methode untersuche ich alle Möglichkeiten meines Griffs. Mein Griff basiert auf dem Stevens-Griff (für vier Schlegel) und die Methode führt Dich durch alle verschieden Schlagarten und Kombinationen von Schlägen, die mir einfielen. Zuerst gibt es Übungen für jede Hand, später im Buch kombiniere ich diese Übungen. Die Methode zeigt Dir, wie jeder Schlegel kontrollierbar ist und wie Intervallwechsel kontrolliert werden können. Es gibt mehr als 1200 Übungen und musikalische Beispiele. Um es einfacher verständlich zu machen, habe ich ein Video gemacht, das alles erklärt. Dieses Video kann auch auf meiner Website www.marimba.dk angeschaut werden.
 
Du spielst recht oft mit mexikanischen Marimbaspielern und hast "Concierto Mexicano" komponiert. Ist es richtig zu sagen, dass Du mexikanische Musik magst?
 
Mir gefallen zahlreiche Musikstile. Ich hatte viel Glück, dass ich zum "First International Marimba Festival" in Chiapas, Mexiko, im Jahr 2000 eingeladen wurde. Dort traf ich auf eine sehr reiche Marimbatradition und einige der besten Marimbaspieler Mexikos. Unter ihnen Marimba Nandayapa (www.nandayapa.com - siehe auch das Interview hier auf marimba-portal). Wir wurden sehr enge Freunde und haben zusammen an einem Project "Marimbas on Tour" gearbeitet. Wir spielten viele Konzerte zusamen in Dänemark und Mexiko. Wir kombinieren die moderne Marimba mit der traditionellen Marimba, indem wir die Sounds und Musikstile mischen. In unserem Repertoire haben wir traditionelle mexikanische Marimbamusik, Arrangements von Musik A. Piazollas, einige meiner Kompositionen, etc. Die mexikanische Kultur kennenzulernen hat mich sehr inspiriert und ich habe versucht, sie in meinen Kompositionen einzuarbeiten. Ein Ergebnis ist "Concierto Mexicano".
 
Was ist das "Marimbamboo" Projekt?
 
Ich habe immer nach Wegen gesucht, um die Marimba unter den Leuten bekannter zu machen. Dafür versuche ich verschiedene Instrumentenzusammensetzungen - Marimbamboo ist eine davon (www.marimbamboo.dk). Ich denke, es ist sehr wichtig, die Marimba mit anderen Instrumenten zu mischen und nicht nur als Perkussionist zu denken. Wir sehen häufig Kombinationen aus der Perkussionsfamilie, aber um ein breiteres Publikum zu erreichen, ist es wichtig, mit anderen, bekannteren Instrumenten zusammen zu spielen. Marimbamboo ist ein Duo mit Panflöte/Flöte und Marimba. Wir konzentrieren uns auf Folklore aus aller Welt. Ein anderes Projekt ist Calabash (www.calabash.dk). Dabei arbeite ich zusammen mit einem Jazz-Saxophon Spieler. Unser Programm ist klassische Musik, gemischt mit Improvisation. Wenn ich eingeladen werde, weltweit auf Marimba Festivals zu spielen, treffe ich oft auf Menschen, die mir neue Ideen zum Ausprobieren geben. Ich bin auch viel mit Musikern aus Argentinien unterwegs gewesen. Wir spielen Folklore aus Argentinien auf den Instrumenten Marimba, Gesang, Guitarre und Perkussion.
 
Bitte erzähle uns etwas über Deine Zukunftspläne.
 
Was wird das nächste Projekt werden? Ich weiß es nicht, aber ich suche immer nach interessanten Kombinationen. Im Moment versuche ich eine Latin Jazz Gruppe zu starten, mit Marimba als wichtigem Teil des Sounds. Ganz sicher werde ich weiterhin für vier und sechs Schlegel komponieren. Ich werde Universitäten und Musikhochschulen besuchen, um meine Musik und meinen Sechs-Schlegel-Griff vorzustellen. Ihr seid eingeladen meine Websites www.marimba.dk oder myspace.com/kaistensgaard zu besuchen. Hier findet Ihr Information zu meiner Musik und könnt meine Videos ansehen.Und habt auch keine Scheu mich unter ks@marimba.dk zu kontaktieren.
 
Vielen Dank für das Interview!
 
 
 
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